Es ist ein Gedankenmodell – „Kann klassischer Kapitalismus ein Weg sein, die Biodiversitätskrise zu bewältigen?“

Nun, Gedankenmodell heisst, dass man sich erst mal Gedanken macht, sprich darüber nachdenkt und das Modell ausführlich mit allem Für und Wider erörtert. Das ist meines Erachtens zu wenig geschehen und so geistert gerade ein Kampagne auf Irrwegen, welche den Kapitalismus als Schlüssel zur Bewältigung der Biodiversitätskrise sieht.

Kapitalismus heisst erst einmal sehr vereinfacht, das Prinzip „Angebot und Nachfrage“. Das ist in Ordnung und Kapitalismus ist per se nichts Schlechtes. Ich bin als Biologe, Unternehmer und Künstler ein großesr Anhänger davon, zumal Kapitalismus im Ökosystem grundsätzlich verwurzelt ist. Nur, da ist es so, dass die Natur klare Regeln und Schranken vorgibt. Keiner darf zu stark werden und (jetzt kommt es!) es zählt nicht der absolute Erfolg relativ zu anderen Mitbewerbern, sondern der langfristige Erfolg im System. Im Grunde genommen hat die Natur die Marktwirtschaft erfunden und verstanden, dass es viele Faktoren bedarf, damit der aktuell „Bessergestellte“ sein Privileg auch temporär nutzen kann. Die Frage, ob und wie sozial eine Marktwirtschaft jeweils ist, ist eine eigene, teilweise philosophische Diskussion.

Ich bin der Meinung, dass die Marktwirtschaft die Bewältigung der Biodiversitätskrise (und damit auch Klimakrise – siehe eigenen Vortrag dazu) schaffen kann, wenn eine Vielzahl von herausfordernden Themen in unserem globalen Wirtschafts- und Finanzsystem neu strukturiert werden. Derzeit zu behaupten „Kapitalismus fördert in irgendeiner Form Biodiversität“ ist zu naiv und eigentlich fahrlässig, meines Erachtens schädlich und vor allem nicht gesellschaftsfähig. Eine solche Kampagne spaltet und vermittelt den Eindruck, dass mal wieder die „Reichen“ mit großer Arroganz eine Krise für sich versilbern. Ich weiss und vermute, dass dies gar nicht die Absicht hinter einer solchen Kampagne ist, aber allein schon, dass es vermittelt wird und Slogans nicht zu Ende gedacht werden, ist nicht förderlich.

Was also müsste passieren, damit die globale Marktwirtschaft die Biodiversitätskrise in den Griff bekommt?

Meines Erachtens müsste ein Wertewandel vollzogen werden. Natur ist im derzeitigen Wirtschafts- und Finanzsystem als Wert zu wenig und zu unreell gewürdigt. „Kapitalismus liebt Biodiversität“ zielt ja darauf ab, dass man Biodiversität und Natur zu einer skalierbaren Kapitalquelle macht. Sorry, falsch gedacht. Nimmt man z. B. ein großes Game Reserve in Afrika, das im besten Fall sogar zwei Nationalparks verbindet, also sogar einen sehr großen Wert für die Erhaltung und Förderung der Biodivertsität darstellt, dann hat dieses einen Kapitalmarktwert, den man durch hochwertigen nachhaltigen Tourismus wertschöpfen kann. Mit gutem Management (bis hin zu Marketing) kann man unter Umständen sogar eine kleine Rendite pro Quadratkilometer erwirtschaften. Insgesamt ist das aber erst einmal fraglich, denn ein Schutzgebiet lebt von vielen kostenintensiven Faktoren (Massnahmen gegen „Mensch-Tierkonflikte“, Menschen lokal in Lohn und Brot bringen, oft Anti-Poaching, leider zunehmend Maßnahmen gegen Klimawandel und Kompensationen). Kapitalismus ist ein System das auf Konkurrenz beruht. Und sorry, basierend auf unser heutiges Wirtschafts- und Finanzsystem hat die überwältigende Mehrheit der Wertschöpfungsmodelle nach dem Prinzip des Kapitalismus einen absoluten Wettbewerbsvorteil gegenüber der Biodiversität und Natur. In 31 Jahren in Afrika musste ich leider viele traurige Beispiele hautnah erfahren. So weicht gerade ein privates Naturschutzgebiet in Namibia einer Kupfermine oder nehmen wir das gewaltige Ölvorkommen im KAZA Gebiet (Namibia, Botswana, u.a. Okavango Delta), dem alle Biodiversitätsbelange untergeordnet werden.

Was aber wäre, wenn man ein  „Biodiversitäts-Wertberechnungsmodell“ entwickelt und das zur Grundlage einer globalen Marktwirtschaft macht (lasst uns doch da einfach den Begriff „Kapitalismus“ mal hinten an stellen).

Zahlreiche Institutionen haben basierend auf belastbaren Fakten Berechnungsmodelle entwickelt, was uns allein die Biodiversitätskrise in Zukunft kosten wird. Dabei ist weitestgehend noch nicht berücksichtigt, wie eng die Biodiversitätskrise und die Klimakrise verknüpft sind. Das WEF schätzt, dass rund die Hälfte des globalen Bruttosozialproduktes (mehr als 44 Billionen USD!) gefährdet sind, wenn bestimmte Kipppunkte überschritten werden. Und da wir kurz vor wichtigen Kipppunkten sind, ist dieses Szenario leider sehr real.

Wie also wäre es, wenn wir den Wert der Natur nicht nur an und für sich berechnen, sondern auch den Anteil des Verlustes für die globale Wirtschaft als Wert aufaddieren und zu einem globalen vernünftigen Verbriefungs- und Auditingsystem kommen. Ich bin der Meinung das geht, bevor die Biodiversitätskrise uns schmerzhaft auf die ein oder andere Weise dazu zwingt.

Mit einigen wenigen Unterstützern forme ich gerade ein Team aus Experten, um möglichst bald ein Papier zu erarbeiten, das eine Grundlage bilden kann für eine Form der Zertifizierung von  ‚Biodiversity Credits – gesetzlich als Offset-Modell und voluntary‘, ‚Debt-for Nature‘  und ‚Wertschöpfungstools für engagierte Unternehmen‘. Das Motto wird sein ‚Keep it simple‘ und besser ‚To do‘ als ‚To wait’

Mit unserer großen Kampagne mit unserem Erdmännchen ‘Eddi Erdmann’ und Ströer begleiten wir den Weg, denn es geht darum, viele (vor allem auch Kinder und Jugendliche) emotional mit zu nehmen. Eine breite gesellschaftlich engagierte Bewegung über Ländergrenzen hinaus kann Enormes bewegen.

Ich würde mich freuen, wenn Ihr unsere Arbeit unterstützt. Es gibt auch einen spannenden Vortrag mit tollen Bildern und Filmsequenzen auch für die Großleinwand, um das Thema ‚Biodiversität’ für Kunden und Mitarbeiter emotional näher zu bringen.

Gerne melden mail@matto-barfuss.de

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